Digitales Malen und Zeichnen mit SketchBook
Kontext
Wir treffen Florian, einen jungen, engagierten Lehrer an der Evangelischen Schule Berlin Zentrum. Sein fachlicher Schwerpunkt liegt in Kunst und Religion, seine Leidenschaft gilt dem projektbasierten Lernen. Schüler*innen über einen längeren Zeitraum zu begleiten und ergebnisoffen zu arbeiten ist dabei für ihn besonders wichtig. Somit ist es nicht verwunderlich, dass wir bei einer Unterrichtseinheit dabei sind, die im Rahmen eines längeren Projektes stattfindet.
Das große Thema ist »Megatrends und wie sie unsere Zukunft beeinflussen«. Damit die Schüler*innen ihre eigenen Zukunftsvisionen darstellen können, erlernen sie heute den Umgang mit digitalen Gestaltungswerkzeugen. Kurzum – Zeichnen, Malen, Gestalten. Aber alles ohne kleckernde Farben oder einen gut ausgestatteten Kunstraum. Sondern auf dem Tablet mit verschiedensten Werkzeugen vereint in nur einer Fingerspitze.
Ablauf
Florian unterrichtet in einem sehr gewöhnlichen Klassenraum. Tafel und Kreide, leichte Unordnung, dafür aber hell und freundlich. Erstes Problem – eine weiße Projektionsfläche für den Beamer ist nicht vorhanden, deshalb ist Improvisation angesagt. Zwei weiße Papiere mit Magneten an die Tafel. Fertig. Nicht schön, aber erfüllt den Zweck.
Dafür sind aber die gerade neu eingetroffenen iPads schon arbeitsbereit und warten auf die 15 Schüler*innen. In den nächsten 45 Minuten erarbeiten sich die altersgemischten Jugendlichen der 7. bis 12. Klasse ein erstes Verständnis für das Zeichnen mit dem Tablet. Dafür gibt Florian zunächst eine sehr kurze Einführung zum Umgang mit der Gestaltungsapp.
Die Aufmerksamkeit der Schüler*innen ist währenddessen aber schon längst auf den Glasplatten. Ohne zu zögern beginnen sie mit verschiedenen Pinseln zu experimentieren, Farben zu mischen, Fotos zu machen. Florian scheint ganz und gar nicht verärgert über die Abwesenheit, vielmehr zufrieden. Im Nachhinein verrät er uns:
»Genau darum geht’s. Die Schüler*innen sollen einfach ausprobieren und das Gerät als Gestaltungswerkzeug begreifen lernen. Die Welt besteht zunehmend aus Pixeln und auch im Hinblick auf die berufliche Perspektive der Jugendlichen, beispielsweise für die Arbeit in Grafikbüros oder im Gamedesign, ist es wichtig zu lernen wie Bilder digital entstehen.«
Atmosphäre
Die Begeisterung der Schüler*innen ist im Raum spürbar. Sie sind mit dem Medium vertraut und kommen schnell ins Arbeiten. Kleine Erfolgserlebnisse und Zwischenergebnisse werden direkt mit den Nachbar*innen geteilt. Die Schüler*innen probieren aus. Löschen. Zeichnen neu. Löschen. Zeichnen neu. Man kann eben nichts kaputt machen. Bei Leinwänden, berichtet Florian aus seiner Erfahrung, ist die Hemmung zum Beispiel viel größer etwas zu verunstalten.
Ein Schüler stellt Florian eine technische Frage. »Weiß ich auch nicht« antwortet er »versuch’ die Antwort mal im Internet zu finden oder ein Video-Tutorial über die App zu gucken. Wenn du es herausgefunden hast, gib mir Bescheid«. Wir fragen ihn nach der Stunde, ob es ihm unangenehm ist in diesen Momenten nicht als Experte auftreten zu können. Er verneint:
»Häufig finden wir gemeinsam die Antwort heraus. Es gibt zu viele Apps und Möglichkeiten, als dass ich Experte für alles sein kann. Natürlich bereite ich mich vor und probiere das ein oder andere aus, aber die meisten Tools sind zu komplex, als dass ich auf alles direkt eine Antwort habe.«
Ergebnisse
Die 45 Minuten sind schnell vorbei. Großartige Kunstwerke sind noch nicht entstanden, dafür bedarf es nach Florians Erfahrung aber auch mehr Zeit – das Üben nimmt einem das iPad schließlich nicht ab. Vielmehr lag der Fokus heute auf dem Experimentieren. Dennoch möchte Florian Einblick in erste Skizzen und Ideen bekommen.
Die Präsentation der Ergebnisse ist so unkompliziert wie Florian selbst. Über Apple TV loggt sich jede*r Schüler*in ein und projiziert die Gestaltung kabellos vom Platz aus an die Leinwand. »Ein Ausdruck in Farbe würde da sehr viel länger dauern und außerdem geht es ja auch um das Sparen von Papier« sagt Florian.
Schüler*innen-Stimmen
Nach der Stunde interessiert uns natürlich brennend, wie die Schüler*innen den Unterricht wahrgenommen haben. Allgemeiner Konsens besteht in der angenehmen Abwechslung und dem Spaß der vergangenen 45 Minuten. Die Mischung aus dem kurzen Input und der anschließenden experimentellen Freiarbeit war besonders positiv.
Was war für euch an der Unterrichtsstunde neu und welche Vorteile seht ihr im Arbeiten mit digitalen Geräten?
Überrascht sind wir, an wievielen Stellen die Jugendlichen einen Übertrag auf andere Fächer und Lebensbereiche machen können. Sei es sich digitale Notizen an PDF-Dateien zu machen oder Plakate zu gestalten.
Welche Gefahren und welchen Mehrwert seht ihr im Arbeiten mit digitalen Geräten?
Fazit
Besonders wichtig ist Florian noch einmal nachdrücklich zu sagen, dass seiner Meinung nach die Alternative nicht ist, sich nicht mit digitalen Werkzeugen auseinanderzusetzen. Die digitalen Geräte sind die Realität und der Alltag der Jugendlichen. Genau deshalb muss damit ein kompetenter Umgang geübt werden.
Da kommen Lehrkräfte nicht mehr drumherum und müssen eine Vorbildfunktion einnehmen. Gemeinsam mit den Schüler*innen muss man herausfinden, wofür die Geräte gut sind, was man mit ihnen tun kann und dass es auch wichtig ist in der analogen Welt wieder zu landen.
»Wir Lehrer*innen müssen einfach die Scheu davor verlieren. Wie das geht, leben uns unsere Jugendlichen vor.«
Erfahrungen
Aber holprige Momente kennt Florian natürlich auch. Schlechte Internetverbindungen. Verschiedene Betriebssysteme, die nicht miteinander kommunizieren wollen. Kostenpflichtige Apps. Und trotzdem sagt er ganz klar: »Wir müssen nun mal arbeiten mit dem, was wir haben. Diese Hürden dürfen keine Ausrede sein, digitale Hilfsmittel nicht zu verwenden.«
Wenn das Internet nicht funktioniert im Zweifel einfach den privaten Hotspot verwenden. Bei schlechter Technik Lerngruppen bilden, die Schüler*innen um Rat fragen und vor allem einfach ausprobieren. Ausprobieren. Ausprobieren.
Zum Schluss fragen wir Florian noch: