Moodle – die Lernplattform mit individuellem Themenforum
Kontext
Wir begleiten heute den Unterricht von Caroline, einer jungen und dynamischen Persönlichkeit. Ihre Leidenschaft für Sprache und Ausdruck lebt sie als Deutsch-, Englisch- und Theaterlehrerin am Evangelischen Gymnasium Kleinmachnow aus. Dabei fasziniert sie an ihrem Beruf am meisten, dass sie den Werdegang junger Menschen begleiten und einige Jahre mit prägen kann. In ihrem Umgang mit den Schüler*innen vereint sie das Beste aus beiden Welten: Caroline ist sowohl sehr präsent im Moment und äußert klar ihre Erwartungen, tritt aber gleichsam sehr offen und locker in den Austausch mit den Jugendlichen.
In der heutigen Stunde versetzen sich die Schüler*innen der 10. Klasse in die Gedankenwelt von Jürgen Trittin und analysieren die Wirkung einer seiner politischen Reden. Ziel dieser Stunde ist es die Fähigkeit, einzelne Teile der Redeanalyse auszuformulieren, zu trainieren.
Soweit so gut. Wie schafft nun aber eine Lehrerin 25 Schüler*innen individuell Feedback während ihres Lernprozesses zu geben? Die Antwort: gar nicht. Die Lösung: die Jugendlichen geben sich gegenseitig Rückmeldung und lernen voneinander. Die digitale Plattform bietet dafür Moodle mit seiner Forumsfunktion.
Ablauf
Unsere Hospitationsstunde ist eingebettet im Oberthema: Redeanalyse. Ihr vorangegangen sind bereits Unterrichtseinheiten, in denen Grundlagen der Redeanalyse vermittelt wurden und die Schüler*innen eine Einführung in die Forumsfunktion von Moodle bekommen haben. Moodle ist eine umfangreiche Lernplattform mit der die Schule auch ihre Kurse und Online-Lernmaterialien organisiert. Mit der visuell recht unansprechenden Benutzeroberfläche waren die Jugendlichen somit schon vertraut. Daneben haben die Schüler*innen bereits als Hausaufgabe die intensive Auseinandersetzung mit Trittins Rede bekommen. Ihre mitgebrachten Stichpunkte gilt es heute in schlüssige Texte zu formulieren und gemeinsam zu üben.
Caroline eröffnet die Stunde mit der Diskussion einiger Negativbeispiele von Redeanalysen an der Tafel. Die Schüler*innen werden dadurch schon sensibilisiert, welche Fehler es zu vermeiden gilt. Anschließend loggt sich jede*r im Forum ein. Zügig erscheinen alle Namen am Whiteboard, auf das Caroline live das Forum überträgt. Die Klasse wir in drei Gruppen eingeteilt: Gruppe Einleitung, Hauptteil und Schluss. In einem bestimmten Zeitfenster schreiben die Schüler*innen nun ihre Analyse zum jeweiligen Redenabschnitt. Danach wird der Beitrag abgeschickt und alles erscheint in Echtzeit im Forum. Nun geht es ans Kommentieren. Die Jugendlichen schreiben sich gegenseitig Feedback und Verbesserungsvorschläge zu den Beiträgen innerhalb ihrer Gruppe.
Zugegeben: Wir sind überrascht wie qualitativ hochwertig die Kommentare der Schüler*innen untereinander sind. Wir haben vielmehr mit einer Flut von Emoticons oder generischen »Das-finde-ich-total-gut-Beiträgen« gerechnet. Aber Fehlanzeige. Die Jugendlichen nehmen ihre Rolle als Feedbackgeber*innen sehr ernst. Gleichzeitig erscheint es förderlich, dass alle mit ihrem Klarnamen im Forum erscheinen und es durch die Projektion auf’s Whiteboard keinen »geheimen Raum« gibt. Caroline liest nebenbei die Beiträge mit und kann nun entweder für alle zentral relevante Hinweise geben oder individuell noch einmal nachjustieren. »So schnell bekommt man als Lehrperson sonst niemals einen Überblick, welche Schwierigkeiten es noch bei vielen oder einzelnen gibt.« erzählt Caroline uns im Nachhinein.
Nach der ersten Feedback-Runde rotieren die Teams und die Zeit läuft erneut. Mit dem Unterschied, dass die Schüler*innen sich jetzt bereits an den Beiträgen der Vorgruppe orientieren und inspirieren können. Dadurch erschafft die Klasse einen gemeinsamen Wissenspool mit verschiedensten Schreibstilen und Analyseansätzen, auf den jede*r von zu Hause aus zugreifen kann. In der abschließenden Reflexion der Stunde bittet Caroline ihre Schützlinge um eine Selbsteinschätzung wie viel Übungsbedarf jede*r noch hat. Denn in der Folgestunde werden die Schüler*innen erneut mit dem Forum arbeiten. Diesmal vertiefen sie noch Fähigkeiten in Bereichen, in denen noch Schwierigkeiten bestehen. Anschließend wird dann der gesamte Redeanalyse-Text ausformuliert, bei dem die Jugendlichen sich auch an Passagen ihrer Mitschüler*innen aus dem Forum bedienen dürfen.
Atmosphäre
Während des Unterrichts fühlen wir uns wie in einem Newsroom. Die Beiträge der Schüler*innen werden wie bei einem Liveticker veröffentlicht. Einige arbeiten zu zweit, andere still vor sich hin, manche hören nebenbei Musik. Die Atmosphäre im sonnigen Klassenraum ist ruhig und konzentriert, ganz anders als es Caroline von ihrer »sonst ziemlichen wilden Klasse« kennt.
Wir fragen Sie wie sie die Stimmung im Raum heute im Vergleich zu Unterricht ohne digitale Hilfsmittel wahrnimmt.
Ergebnisse
Am Ende der Stunde ist in Summe ein großer Wissensspeicher entstanden, zu dem alle ihren Beitrag geleistet haben. Die Jugendlichen können zukünftig aus der Vielfalt ihrer Beiträge schöpfen, können sehen »wie es andere gemacht/geschrieben haben«. Besonders für Übungsstunden kann sich Caroline kaum ein besseres Werkzeug vorstellen. Denn Lernen und Üben funktioniert nur über Rückmeldung und die Reflexion darüber. Das kann sie so schnell und in Echtzeit bei jedem Individuell aber nicht leisten. Mit Moodles Forum hilft nun jeder jedem. Das ist zusätzlich noch ein Motivationsschub für die Jugendlichen.
Caroline weiß aber auch, dass der Erfolg der Stunde davon abhängt, dass alle Schüler*innen inhaltlich auf dem gleichen Stand sind. Das Bedarf einiges an Vorarbeit, die entweder in der Stunde zuvor oder zu Hause erledigt werden muss.
Insgesamt sind wir besonders begeistert, dass das digitale Werkzeug als gezieltes Mittel zum Zweck eingesetzt wird, und nicht um eine besonders aufregende »High Tech Stunde« zu geben. Bei Carolines Unterrichtseinheit existiert analog neben digital und befruchtet sich gegenseitig. Denn ohne digitales Hilfsmittel wäre dieses Lernformat nicht umsetzbar.
Schüler*innen-Stimmen
Nach der Stunde sprechen wir noch mit Schüler*innen der 10. Klasse. Auf unsere Frage was ihnen an der Stunde besonders gut gefallen hat, nennen sie zwei Dinge: zum einen empfanden sie das selbstständige Arbeiten als sehr positiv. Alle sind sich einige, dass eine Stunde, in der die Lehrperson frontal eine One-Man-Show unternimmt, schnell langweilige wird.
Zum anderen bewerten die Jugendlichen es als besonders abwechslungsreich, dass sie sofort und speziell auf ihre Arbeit zugeschnitten Feedback bekommen haben. Sie sagen, dass Lehrpersonen sich in Rückmeldungen eher allgemein halten, weil es ja für den Großteil der Klasse zutreffen muss. Dieses mal war es individuell und eben nicht einseitig. Das wäre auch in anderen Fächern schön.
Was war an der Stunde anders zu Stunden wo ihr keine digitalen Geräte nutzt?
Fazit
»Wenn man sich einmal in das Anlegen eines Forums in Moodle eingearbeitet hat, dann ist die Vorbereitungszeit minimal und die Durchführung der Stunde unkompliziert. Man könnte das Medium auch auf sämtliche Formen von Schreibwerkstätten anwenden.«
Caroline ist zufrieden mit dem Verlauf der Stunde. Sie hat das Forum bereits zum vierten Mal durchgeführt und weiß um die Kraft des digitalen Werkzeugs. Sie beobachtet immer wieder, dass es den Schüler*innen extrem viel Spaß macht auf Beiträge anderer Schüler im Forum zu reagieren, zu kommentieren und wirklich individuelles Feedback geben zu können. Die Jugendlichen fühlen sich in ihrem Lernprozess dadurch mehr gewertschätzt und bekommen multiperspektivische Rückmeldungen.
Rückblickend reflektiert Caroline, dass sie in der nächsten Forums-Stunde eine Rotation der drei Teams weniger ansetzen würde, um den Jugendlichen mehr Zeit für eine inhaltlich tiefere Ausformulierung zu geben. Obwohl die Schüler*innen bereits mit dem Medium vertraut waren, braucht es dann doch immer länger als gedacht bis wirklich alle startklar sind, sagt sie. Dass das Forum aber wiederkehrender Bestandteil ihrer Deutschstunden sein wird, steht außer Frage.
Erfahrungen
Wir sprechen mit Caroline im Anschluss noch allgemeiner über ihre Erfahrungen beim Unterrichten mit digitalen Medien. Bis auf ein bockiges Smartboard ab und an, ist bei ihr noch nichts wirklich schief gegangen. Trotzdem gibt es ihr Sicherheit immer einen Plan B in der Tasche zu haben, auch wenn es nur eine abgespeckte Alternative der digitalen Unterrichtsvariante ist.
Unterricht ohne digitale Hilfsmittel kann sie sich nicht vorstellen. Man muss mit der Zeit gehen. »Ich denke, wenn man sich davor verschließt, dann wird man irgendwann auch nicht mehr Teilhaber*in am Leben und der Entwicklung der Schülerinnen und Schüler sein. Und das sollte ja die Grundvoraussetzung eines jeden Lehrers sein; dass man nah an der Schülerwelt dran bleibt«, sagt sie uns.
Zum Schluss fragen wir Caroline noch: